Hiob
Gottes tolle Typen
Seine Frau fragt ihn,
ob er denn noch richtig ticke.
Eine Hiobsbotschaft nach der anderen holt ihn ein.
Seine riesigen Rinder- und Kamelherden werden geplündert
oder verbrennen im Feuer,
Feinde metzeln die Knechte nieder,
seine sieben Söhne und drei Töchter kommen ums Leben,
als ein Haus einstürzt.
Er selber ist mit schrecklichen Geschwüren
am ganzen Körper geschlagen.
So schwer,
dass er die Gemeinschaft verlassen muss
und außerhalb des Dorfes
auf einem Asche- und Abfallhaufen sitzt.
Aber noch beklagt er sich bei seinem Gott
mit keinem einzigen Wort
und hält an seinem Glauben unbeirrt fest.
Verständlich, dass sein Weib an seinem Verstand zweifelt
und ihn böse angiftet:
“Sag Gott ab und stirb!”
Hiob ist ein unbescholtener und gottesfürchtiger Mann.
Er lebt einige Jahrhunderte vor Christus
mit sehr viel Gesinde irgendwo im Osten Palästinas.
Und er ist reicher als alle anderen in der Gegend.
Er weiß nicht,
dass er als Spielball einer Wette
zwischen Gott und dem Satan herhalten muss.
Eine riskante Wette:
Sollte Hiob versagen,
hätte sich auch Gott selbst aufs Spiel gesetzt.
Und Satan ist ganz sicher,
dass Hiob sich von Gott abwenden wird,
wenn er ihm nur übel genug mitspielt.
Aber auch Gott vertraut auf Hiobs unerschütterliche Frömmigkeit.
Der Teufel hat grünes Licht für alle Heimsuchungen,
nur Hiobs Leben muss er schonen.
Leben? Was heißt hier Leben?
Da wird ein Mensch körperlich und seelisch gequält,
dass es seinen Freunden die Sprache verschlägt,
er selbst den Tag verflucht,
an dem er geboren wurde,
und sein Leben verwünscht.
Wäre er doch bei seiner Geburt gestorben,
dann hätte er jetzt Ruhe
und müsste nicht so sinnlos leiden.
Nach wie vor ist er sich seiner tadellosen Lebensführung bewusst.
Immer rätselhafter erscheint ihm der Gott,
der ihm solche Schmerzen zufügt und sich weigert,
ihm zu sagen, warum:
Warum schenkt Gott Menschen überhaupt das Leben,
wenn er es ihnen später doch nur verleidet?
Jeder Ehrlose darf Hiob verspotten:
“Jetzt verlachen mich die,
deren Väter ich nicht wert geachtet hätte,
sie zu meinen Hunden bei der Herde zu stellen”, klagt er.
Und leidet selbst wie ein Hund unter der Hand Gottes.
Doch was ist das für ein Gott,
der solche Leiden auferlegt?
Hiob erfährt ihn als Unterdrücker, Zerstörer, Gewalttäter,
als unverständlich Grausamen,
der kein Recht hat, die Treue eines Menschen zu fordern.
Der zwar verzweifelt klagende,
aber standhafte Hiob erhält am Ende Wohlstand und Gesundheit zurück.
Er hat mehr Kamele und Rinder,
mehr Esel und Schafe als zuvor.
Alles wird doppelt ersetzt.
Die Verwandten wenden sich ihm wieder zu,
es werden ihm so viele Kinder geboren,
wie er früher hatte.
Und keiner im Land hat schönere Töchter.
Vor Hiob liegt noch ein langes Leben, das viel Segen erfährt.
Ende gut, alles gut?
Für viele ist die Hiobsgeschichte
eine Parabel von dem Gott,
der Menschen eine Chance gibt,
sich in Prüfungen zu bewähren.
Ihr Ausgang kann nicht übertünchen,
dass das Gottesbild des Buches Hiob
ein Rückschritt hinter den Gott der Propheten Israels ist,
zu dessen besonderen Merkmalen
Recht und Gerechtigkeit gehörten
und der eher aus dem Leid befreite,
als dass er es verschuldete.
“Dieser Gott zwingt zur Gottlosigkeit”,
schreibt der Theologe Jörg Zink,
“und wenn Hiob ihr nicht verfällt,
so liegt es daran,
dass er eine dichterische Figur,
ein gedichtetes Urbild übermenschlichen Stehvermögens ist.”